Rückenschmerzen – Was kann man tun?


Rückenbeschwerden sind nicht nur eine enorme Belastung für die Betroffenen, sie haben sich in den zurückliegenden Jahrzehnten auch zu einem echten volkswirtschaftlichen Problem entwickelt. Weit mehr als eine halbe Million Menschen landet jedes Jahr mit der Diagnose „Rückenschmerzen“ in einer Klinik. Mehr als 2.000 dieser Fälle sogar auf dem OP-Tisch. Am Tag! Dies übrigens mit zweifelhaftem Erfolg, denn eine Operation bedeutet noch lange nicht, dass man danach Ruhe hat und wieder in den Normalzustand zurückkehren kann.

Die Rücken-OP erscheint als rettender Strohhalm

Das sind Zahlen, die man erst einmal ganz langsam sacken lassen muss. Denn eigentlich ist unser Körper durch hunderttausende Jahre der Evolution ziemlich gut auf die Anforderungen des Lebens vorbereitet. Das komplexe System aus Knochen, Knorpeln, Muskeln, Sehnen, Gelenken und Bändern hat sich gut bewährt. Warum kommen dann Hochrechnungen zu dem erschreckenden Ergebnis, dass unvorstellbare 80-90 % der Bevölkerung im Leben mindestens einmal unter heftigen Rückenschmerzen zu leiden haben? Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Ursachen für krankheitsbedingten Arbeitsausfall und Frühverrentung. Die allein durch diese Volkskrankheit geschätzten Kosten belaufen sich nach vorsichtigen Schätzungen auf zig Milliarden Euro pro Jahr.

Doch selbst unter Wissenschaftlern sieht man die explodierenden Operationszahlen kritisch. Zumal das erhoffte Ergebnis sich oft gar nicht einstellt. Überhaupt ist es für die behandelnden Ärzte schwierig, die im individuellen Fall verspürten Schmerzen und den erhobenen Befund immer in Einklang zu bringen. Längst nicht immer sind Wirbelsäule und Bandscheiben schuld, wenn es im Nacken oder im Lendenbereich mal wieder zwickt. Selbst mit modernsten bildgebenden Verfahren ist es nicht leicht, den tatsächlichen Ursachen auf die Spur zu kommen. Es gibt einerseits durchaus Menschen mit ganz verheerenden Röntgen- oder Computerbildern, die völlig schmerzfrei durch den Alltag gehen. Anderseits gibt es Menschen, die sich vor Schmerzen krümmen, ohne dass sich eine konkrete Ursache dafür ausmachen lässt.

Ein Dilemma für Betroffene

Viele von ihnen würden wahrscheinlich alles tun, um die bohrenden Schmerzen loszuwerden. Die OP erscheint da als rettender Strohhalm, nach dem man selbstverständlich greift. Das kann ein chirurgischer Eingriff auch sein, z. B. wenn es bereits zu neurologischen Ausfällen gekommen ist. Trotzdem sollte man sich diesen Schritt reiflich überlegen und schon gar nicht überstürzen. Sogar der klassische Bandscheibenvorfall muss nicht zwangsläufig unter dem Skalpell enden. Es gibt eine breite Palette an konservativen Therapien, die eine ähnlich hohe Erfolgsquote haben wie eine Operation. Dazu gehören in erster Linie Reha, Krankengymnastik und physiotherapeutische Anwendungen aber auch medikamentöse Maßnahmen.

Schwacher Rücken? Ran an die Ursachen

Doch warum scheint der Rücken auf einmal so anfällig zu sein, nachdem er bei unseren Vorfahren tagtäglich noch viel extremeren Belastungen ausgesetzt war? Im Vergleich mit den Jägern und Sammlern haben wir es doch heutzutage überaus gemütlich. Doch genau da scheint das Problem zu liegen. Wie bei so vielen anderen modernen Krankheitsbildern spielt die Muskulatur auch hier wieder eine zentrale Rolle. Der Rücken besteht aus einer Vielzahl großer und kleiner, sichtbarer und „unsichtbarer“ Muskeln. Jeder davon hat eine besondere Aufgabe bei der Stabilisierung und für die Beweglichkeit dieser Körperregion. Dieses Muskelkostüm hat sich während der Evolution mit den Aufgaben entwickelt, die Tag für Tag bewältigt werden mussten. Bei langen Streifzügen durch die Savanne, im Umgang mit groben Werkzeugen und nicht zuletzt beim Kampf.

Als die ersten Menschen vor etwa 10.000 Jahren – aus dem Blickwinkel der Evolution nur ein Wimpernschlag – sesshaft wurden, stand noch immer jeden Tag harte körperliche Arbeit auf dem Programm. Wer Wasser benötigte, musste zum nächsten, oft weit entfernten Brunnen und mit den vollen Krügen wieder zurück. Dann kam die Moderne. Körperliche Strapazen gehörten für immer mehr Menschen zur Vergangenheit. Irgendwann musste man nicht einmal mehr aufstehen, um den Fernseher auf ein anderes Programm umzuschalten. Auch das kann man seit vielen Jahren aus dem Sessel oder von der Coach aus erledigen.

Tatsächlich wissen immer mehr Menschen nicht einmal mehr, wie es sich anfühlt, zwei Einkaufstüten gleichzeitig zu tragen. Dafür gibt es doch Lieferservices. Man hat über wenige Generationen hinweg vergessen, was schwere, körperliche Arbeit ist. Unser Bewegungsapparat hat es nicht vergessen. Um Funktionieren zu können, braucht er die Anforderungen, die ihm durch den modernen Lebensstil vorenthalten werden. Nicht nur die einseitigen Bewegungsmuster, die ihm bestenfalls noch zugemutet werden. Der beste natürliche Schutzwall vor Rückenproblemen besteht darin, das eingespielte System wieder zu aktivieren und zu mobilisieren.

Richtig dosiertes Training für einen starken Rücken

Natürlich können wir uns heute nicht mehr im nächsten Stadtwald mit Speer und Axt ausgestattet auf die Jagd machen. Wir können auch nicht mit einem Ochsengespann den Garten umpflügen. Wir haben etwas weitaus Besseres: moderne Sportstudios mit hochqualifiziertem Personal. Denn gerade beim Rücktraining muss die optimale Dosierung aus Kräftigungs- und Dehnungsreizen gefunden werden. Das gilt umso mehr, wenn die ersten Probleme bereits vorhanden sind. In solchen Fällen kann die Abstimmung zwischen behandelndem Arzt, Physiotherapeut und Trainern ohnehin nur dringend empfohlen werden.

Beim Training muss die natürliche Form der Wirbelsäule berücksichtigt werden, die uns durch ihre Wölbungen und Elastizität den aufrechten Gang ermöglicht, dadurch allerdings auch anfällig für Störeinflüsse ist. Sie ist an vier Stellen deutlich sichtbar gewölbt. Im Halswirbelbereich verläuft der Bogen nach innen, an der Brustwirbelsäule nach außen, im Lendenwirbelbereich wieder nach innen und im untersten Abschnitt, dort wo sich das Steißbein tasten lässt, geht die Kurve noch einmal nach außen. Für alle Bereiche gibt es Übungen, mit denen diese gezielt trainiert werden können.

Gerade aufgrund des komplexen Zusammenspiels völlig unterschiedlicher Muskeln, die zur Stabilisierung der Wirbelsäule beitragen, ist es mit ein oder zwei Übungen natürlich nicht getan. Zumal auch die Bauch- und die Gesäßmuskulatur eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. An dieser Stelle alle möglichen Übungen vorzustellen, die in einem gut ausgestatteten hochwertigen Fitnessstudio möglich wären, würde allerdings den Rahmen eines Artikels sprengen. Daher wollen wir uns auf drei Übungen beschränken, die beispielhaft verschiedene Rückenbereiche ansprechen.

Hyperextensions

Hyperextensions für die tief sitzenden Erector spinae sind zwar leider ein wenig aus der Mode gekommen, aber das völlig zu Unrecht. Sie sind, was den Bewegungsablauf betrifft, eine der anspruchsvolleren, aber gut zu erlernenden Übungen. Daher können Sie auch von Menschen schnell beherrscht werden, die bislang keine enge Verbindung zu sportlichen Aktivitäten hatten. Wichtig ist die richtige Einstellung des Gerätes, sodass die Hüfte noch auf dem Polster aufliegt und der Trainierende auch dann noch ausreichend Halt findet, wenn er aus eigener Kraft keine Wiederholung mehr schafft. Bevor man bei der Übung Zusatzgewichte verwendet, kann man die Hyperexentions durch eine Rotation des Schultergürtels im oberen Anteil der Bewegung noch effektiver gestalten. Wer die Übung beherrscht, kann sich dabei auch während der Bewegung auf- und wieder einrollen.

Kreuzheben gegen Rückenschmerzen

Kreuzheben im Fitness- und Gesundheitssport? Gerade Kreuzheben, das man normalerweise eher mit Strongman und anderen Leistungssportlern in Verbindung bringt, gehört zu den absoluten Grundlagen für einen starken und auch im Alltag allen Belastungen gewachsenen Rücken. Bei kaum einer Übung müssen Bein- und Rückenmuskulatur auf so natürliche Art zusammenarbeiten wie beim Kreuzheben. Auch bei dieser Übung ist ein großer Teil der Muskulatur im Einsatz. Gute Kreuzheber sind meist auch gute Kniebeuger und umgekehrt. Die Füße befinden sich in etwas über schulterbreitem Abstand an der Hantelstange. Sie zeigen leicht nach außen. Zunächst geht man in die Knie, damit man die Hantelstange mit etwas mehr als schulterbreitem Obergriff (Finger zeigen nach unten) fassen kann.

Auch in der untersten Position sollte man noch ein leichtes Hohlkreuz einnehmen können. Gelingt das nicht, fehlt es an Flexibilität und man muss die Hantel durch Unterlegscheiben in eine höhere Ausgangsposition bringen. Wenn man das Gesäß nach hinten und die Brust nach vorn schiebt, ist man automatisch im Hohlkreuz. In dieser Position werden die Muskeln angespannt. Diese Spannung hält man während der kompletten Übung aufrecht. Auf keinen Fall sollte das Gewicht mit einem Rundrücken angehoben werden. Beim Anheben wird die Hantelstange ganz eng am Körper hochgezogen.

Auch Anfänger können schon vom Kreuzheben profitieren, sollten die Übung aber zunächst mit leichten Kurzhantel ausführen, die seitlich auf Holzblöcken abgelegt werden können, um in unterster Position nicht zu tief greifen zu müssen.

Nackenstrecken auf der Flachbank

Gerade Bildschirmarbeiter klagen häufig über Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen. In den meisten Fällen kann ein Training der in diesem Bereich liegenden Muskulatur wahre Wunder bewirken. Obwohl man kaum noch Übungen für die HWS-Muskulatur sieht, gibt es ein ganzes Arsenal zur Streckung, Beugung und Rotation davon. Beispielhaft sei hier das Nackenstrecken auf der Flachbank vorgestellt, da die Ausführung sehr einfach ist und schnell in das Training integriert werden kann.
Dabei legt man sich bäuchlings auf eine Flachbank. Der Kopf ragt über die Bank hinaus und wird langsam abgesenkt und anschließend wieder nach oben geführt, bis der Hals gestreckt ist. Eine Überstreckung der Halswirbelsäule, die häufig befürchtet wird, ist in dieser liegenden Haltung nicht möglich.

Dies sind nur einige Beispiele für die unglaubliche Übungsvielfalt, die im Studioalltag zur Verfügung steht und die qualifizierte Ausbildungsanbieter, wie z.B. der DFAV e. V. den künftigen Trainerinnen und Trainern während ihrer Ausbildung vermitteln.

Hinweis: Mehr zum Thema „Rückenschmerzen“ und damit verbundenen Krankheitsbildern und Verletzungen erfahren Sie in Kürze in einem separaten Artikel.

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