Wirklich positiv hört sich der Begriff Negativtraining erst einmal nicht an. Dabei steht er nur für die Phase der Bewegung, bei der sich ein Muskel gegen Widerstand, beim Training also durch die Hantel oder den Gewichtsschlitten, streckt. Beim Bankdrücken wäre es das Herablassen des Gewichts zu Brust. Man bezeichnet dies auch als exzentrisches oder dynamisch-negatives Krafttraining. Im Gegensatz dazu bezeichnet die konzentrische Kontraktion also das aktive Anheben des Widerstands. Die dritte Form der Muskelkontraktion ist die isometrische, also haltende. Herkömmliches dynamisches Krafttraining hat konzentrische, exzentrische und – wenn man auf dem Scheitelpunkt der Bewegung eine kurze Zwischenkontraktion einbaut – auch isometrische Anteile.
Muskel kann bei Negativtraining mehr Kraft aufbringen
Schon seit geraumer Zeit weiß man, dass die Kraftentwicklung beim gezielten exzentrischen Training größer ist als beim herkömmlich dynamischen. Dazu braucht man nicht einmal groß angelegte Studien, das kann jeder selbst beim Training einmal ausprobieren. Legt beim nächsten Maximalkrafttest einfach abschließend noch etwas mehr Gewicht auf und absolviert damit lediglich die exzentrische, negative Phase. Die Belastung wird Euch erheblich leichter vorkommen.
Natürlich enthält auch dynamisches Krafttraining immer eine exzentrische Komponente, doch da die Aufwärtsbewegung beim Bankdrücken der begrenzende Faktor ist, müssen die verwendeten Trainingsgewichte zwangsläufig an diese schwächere Phase angepasst werden. Es sei denn – und hier wird es interessant – man verwendet einfach einige Kilogramm mehr als möglich und nimmt bei der Aufwärtsbewegung die Hilfe eines Trainingspartners in Anspruch. Abwärts muss man das vergleichsweise immense Gewicht natürlich selbst unter Kontrolle halten.
Der Vorteil dieser Art des Trainings liegt auf der Hand. Man kann den Muskel mit Belastungen konfrontieren, die man beim gewohnten Bewegungsablauf niemals korrekt bewältigen könnte. Übertreiben sollte man es allerdings auch nicht, denn Sehnen, Bänder und Gelenke stehen bei dieser Form des Trainings natürlich auch vor einer ungewohnten Herausforderung. Schon aus diesem Grund sollten die Bewegungen langsam und kontrolliert ausgeführt werden. Auf lange Sicht sollen allerdings auch diese Strukturen vom exzentrischen Krafttraining profitieren. Es spricht also einiges dafür, diese Trainingsform zumindest ab und an in sein Trainingsprogramm einzubinden.
Auch in der Rehabilitation und beim Training älterer Menschen
Die höhere Belastung beim Negativtraining begünstigt auch den Aufbau von neuem Muskelgewebe. So ganz geklärt ist zwar noch nicht, woran das liegt, allerdings weiß man schon länger, dass ein, durch Kleinstverletzungen im Muskel provozierter Muskelkater, vorzugsweise nach exzentrischen Belastungen auftritt. Die Vermutung, dass damit auch ein verstärkter Aufbau neuen Muskelgewebes einhergehen könnte, liegt auf der Hand.
Doch nicht nur junge, leistungsorientiert trainierende Menschen können von einem exzentrischen Training profitieren. Auch während einer Rehabilitationsphase und im Kampf gegen die in jüngster Zeit viel diskutierte Sarkopenie im Alter bzw. generell beim Seniorentraining kann exzentrisches Training zur Anwendung kommen. Natürlich in wohl dosierter Form und unter ständiger Kontrolle durch ein geschultes Trainerteam oder physiotherapeutisches Personal.
Wie exzentrisches Training im Hochleistungssport praktisch aussieht, berichtet uns in Kürze Carlo Bröcher. Er durfte für ein englisches Rugby-Team eine Beinpresse entwickeln, die in der exzentrischen Phase bis zu 300% mehr Belastung entwickeln kann. Das war auch für den langjährigen Geschäftsführer und Konstrukteur von SPORTESSE eine Herausforderung. Für alle, die sich nicht mehr an das Unternehmen erinnern können. SPORTESSE gehörte in den 80er und 90er Jahren zu den führenden deutschen Sportgeräte-Herstellern. Heute zertifiziert der Sportwissenschaftler, der eigentlich längst den wohlverdienten Ruhestand genießen könnte, Trainingsmaschinen verschiedenster Hersteller in aller Herren Länder.
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