Gamification ist das Zauberwort, wenn es um Motivation und Kreativitätsprozesse im digitalen Zeitalter geht. Ob an der Spielekonsole, in der Aus- und Weiterbildung, beim Fremdsprachenerwerb und natürlich auch im Fitnessbereich. Gamification soll die Freude am spielerischen Erlebnis in uns wecken, um selbst eintönige Prozesse wie 30 Minuten auf einem Laufband mit Blick auf eine Fototapete möglichst spannend zu gestalten und den Appetit auf mehr zu wecken. Die Frage ist nur, ob Gamification das auch tatsächlich kann oder ist das Ganze nur ein neuer Hype im Fitnessbereich.
Sport wurde Mittel zum Zweck
Wirklich neu ist die Idee der Gamification nicht, im Sport hat man schon immer versucht, zumindest einen Teil der Trainingseinheiten mit spielerischen Elementen zu versehen. Im Ausdauerbereich sind die sogenannten Fahrtspiele ein gutes Beispiel dafür. Die Verbindung liegt schließlich nahe. Immerhin ist das Spiel der ursprüngliche Gedanke des Sports. Die Olympischen Spiele tragen nicht umsonst diesen Namen. Allerdings wurde diese Seite im Laufe der Zeit immer weiter ausgeblendet. Sport wurde Mittel zum Zweck. Man trainiert für seine Muskulatur, seine Gesundheit und im Leistungssport auch für Geld und Ruhm. Für sportbegeisterte Menschen kein Problem. Die Anreize reichen ihnen völlig aus, um mehrmals in der Woche die Trainingstasche zu packen und die Körpersysteme auf Hochtouren zu treiben. Doch was ist mit denjenigen, die jedes Mal einen erneuten Anlauf nehmen müssen, um den inneren Schweinehund zu überwinden? Die blieben viel zu lange Zeit oftmals auf der Strecke. Sie kamen mit gut gemeinten Vorsätzen ins Studio, oft am Jahresanfang. Doch nach wenigen Wochen hatte sich die Begeisterung schon gelegt und der Alltag hatte die Oberhand gewonnen.
Motivation dauerhaft aufrechterhalten
Wenn es nach den Erkenntnissen der Sportpsychologie geht, ist das kaum verwunderlich. Denn viele Menschen empfinden die körperlichen Gefühle, die das Training vermittelt, als unangenehm. Für begeisterte Sportfreaks kaum nachvollziehbar, die sich erst richtig wohlfühlen, wenn das Herz so richtig pocht und die Muskeln „zumachen“. Unsportliche Menschen können solche Empfindungen dagegen sogar beunruhigen. Wie soll man unter derartigen Bedingungen die Motivation dauerhaft aufrechterhalten, wenn die positive Hinwendung zur Anstrengung völlig fehlt? Bei Teamsportarten kann das Gruppenerlebnis helfen. Aber auch nur dann, wenn man mit den anderen halbwegs mithalten kann und nicht auf verlorenem Posten agiert.
Bei einer individuellen sportlichen Betätigung, wie sie im Sportstudio üblich ist, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass der Spaß an der sportlichen Bewegung – so er je vorhanden gewesen ist – ohne Gamification schnell wieder abhandenkommt. Eine Bürde, die viele Erwachsene bereits aus dem Schulsport mit ins spätere Leben nehmen. Denn gerade denjenigen, denen regelmäßige gezielte körperliche Belastung guttun würde, wird der Spaß daran bereits beim Kindesalter gründlich ausgetrieben. Sport wird als etwas Zweckgebundenes empfunden, bei dem es nur um die Erfüllung vorgegebener Leistungsanforderungen und letztlich die Note geht. Wer da nicht mithalten kann, bekommt leider häufig die ganze Häme der Klasse zu spüren.
Möglichkeit zur Vernetzung
Wer mit diesem eher mulmigen Gefühl an die Umsetzung seiner guten Vorsätze geht, benötigt etwas anderes als die Hoffnung, irgendwann in ferner Zukunft die Wunschfigur realisiert oder den Grundstein zur Vorbeugung einer Sarkopenie im Rentenalter gelegt zu haben. Hier kann die Gamification tatsächlich den entscheidenden Unterschied machen. Die neuen Technologien bieten die Möglichkeit zur Vernetzung mit Menschen auf einem vergleichbaren Leistungsniveau auch dann, wenn man ganz allein in die Pedale tritt. Challenges gegen sich oder andere machen Lust auf mehr und verhindern spielerisch, dass man sich während der ganzen Trainingseinheit auf sich selbst konzentriert und im schlimmsten Fall nur auf das Ende hinarbeitet. So wie Kinder beim Spiel völlig die Zeit vergessen, vergeht auch das Training mit den Gamification-Tools wie im Flug. Und mit dem Spaßfaktor kehrt die Wahrscheinlichkeit zurück, dauerhaft bei der Sache zu bleiben.