Gründer von INJOY, 25 Jahre Inhaber der seinerzeit in Europa führenden Unternehmensberatung INLINE und Unternehmer des Jahrzehnts. Wir haben Herrn Underberg getroffen und zur post-Corona-Situation befragt.
Herr Underberg, Sie sind Privatier, 65J. –bei all Ihren Erfolgen, sind Sie der Branche als Protagonist und immer noch leidenschaftlicher Studiobetreiber und Multiunternehmer treu geblieben.
Paul Underberg: Zum einen sollte man im Leben was zurückgeben und zum anderen halten Ziele, Visionen, Herausforderungen und Neuerungen ja jung. (er lacht). Ich werde nicht unbedingt fleißiger, aber die Aufgaben, an denen ich arbeite, sind groß. Ich kann nicht immer machen was ich will, aber ich muss auch nichts mehr machen, was ich nicht will.
Wie schätzen Sie die post-Corona-Situation aktuell ein?
Paul Underberg: Nun, mit einem Seufzer ist das nicht getan. Zudem wissen wir aktuell nicht, ob der Spuk schon ganz vorbei ist.
Substanz mit Liquidität werden mitentscheidend sein, wenn es darum geht, dieses Gap des Mitgliederverlustes vor sich herzuschieben und zu schließen. Das muss man bis zum Ausgleich erst mal aushalten. Aus unseren Studios kann ich ablesen, dass viele Mitglieder schnell zurückkommen und auch viele neue hinzukommen. Allgemein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein, Nachholbedarf, mit dem „Club“ wieder das zweite Zuhause zu haben, Menschen zu treffen, all das spielt uns in die Karten.
Dennoch muss jetzt vieles glattlaufen, um die Verluste kompensieren zu können.
Hat die Branche in der Corona-Pandemie viele Mitglieder an PELETON und Co. verloren?
Paul Underberg: Im Handel kann man ja sagen, dass man vor Jahren einen Grund gebraucht hat, im Internet zu bestellen; heute benötigt man Argumente, um in den Laden zu gehen. Das ist in unserer Branche nicht so und ich sehe es, wenn wir es richtig machen, auch nicht so auf uns zukommen. Auch der Aktienverlauf (ca. 23 % minus in 2021) von PELETON drückt das ein wenig aus.
Eine breit angelegte Digitalisierung im Studio für eine größere Performance wird dennoch zum Wirtschafts- und Wettbewerbsfaktor.
Wo und wie zum Beispiel?
Paul Underberg: Ich habe in unseren Clubs jetzt die Erfahrung gemacht, dass erst nach der Digitalisierung (besonders im Verkauf, der gesamte Vertrieb mit den Weiterempfehlungen, Check-In, Warenwirtschaft, Trainingssteuerungen, sogar der Service und die Werbung etc.) die analogen Defizite so richtig deutlich und wirtschaftlich messbar wurden.
Hinzu kommt was ganz Entscheidendes, dass bewegte digitale Bilder (wie Kurz-Videos) im Marketing eine zigfache Performance gegenüber Fotos, Text oder gar die analoge Werbung wie Flyer o.ä. erzielen, weil sie schlicht die besseren Erklärer und Verkäufer sind.
Man sagt, wenn die Flut steigt, steigen auch die Boote. Was hätte die Branche während der Pandemie mit all den drastischen Auswirkungen besser machen können?
Paul Underberg: Was der einzelne hätte besser machen können, weiß ich von hier aus natürlich nicht. Aber die ganze Branche ist deutlich unter ihren Möglichkeiten geblieben, weil eine einheitlich und gebündelte Vorgehensweise auf politischer Ebene und in der Öffentlichkeit einfach suboptimal war.
Das Leichte scheint das Schwere zu sein. Und das u.a. deswegen, weil verantwortliche Verbandsleute, aus verletztem Stolz, Eitelkeit, Machtstreben oder weil der eine mit dem anderen seit Jahren „nicht kann und will“, die Möglichkeit, unterschiedlich und durchaus vorhandene Fähigkeiten, Expertisen und Willenskräfte zum Wohle aller zusammenzubringen, somit nicht geschafft haben.
Dr. Hans Geisler und ich haben in der Zeit von 2007 – 2016 sehr erfolgreich Lobbyarbeit für die Branche mit besten Ergebnissen betrieben. Wir wissen, dass es eines mächtigen Unterbaus bedarf mit einer Stimme und einem Sprecher mit Standing, aber mit Geld und Erfahrung für eine wirksame Lobbyarbeit in Berlin.
In der Arbeitsgemeinschaft der Verbände sind wir bereits im Sommer 2020 durch sondierte vielversprechende Gespräche – statt mit Briefen – mit hochrangigen Politikern u.a. aus dem Gesundheitsausschuss der Bundesregierung weitergekommen. Aber wenn andere Verbände da nicht mitziehen, nur weil der Ansatz nicht von ihnen kommt, stockt das und geht zu Lasten aller.
Außerdem müssen wichtige Verbandsleute starke Führungskräfte der Branche sein! Mit Gestaltungsanspruch und „Stallgeruch“.
Warum? Auch weil Unternehmer/innen dadurch die nötige Zuversicht, der Glaube, der Optimismus, die Hoffnung, der Mut etc. sozusagen als wichtiges psychologisches Kapital zuteilwird.
Eine Branche wird nicht gemanagt, sie muss geführt werden. Mit und durch Menschen, die vor anderen bestehen können.
Mein Ernst: Ggf. müssen mit einem Generationswechsel die Karten, im Sinne der Branche in und mit den Verbänden, die für die Politik ja durchaus organisierte und wichtige Sozialpartner sind, bald neu gemischt werden.
Dann steht einer weiteren Entwicklungs-Dimension – auch des Wachstums – nicht viel im Wege. Denn auch politische Rahmenbedingungen für mehr Bedeutung der Branche als (einzig wahrer) Präventionsmarkt können dann durchaus zum weiteren Treiber unseres so geschätzten Wirtschaftszweiges werden.
Bild: Paul Underberg