Zu viele Operationen

Die Techniker Krankenkasse (TK) hat ein neues Angebot für ihre Versicherten geschaffen, um die Notwendigkeit von Kniegelenkersatz-Operationen kritisch zu prüfen: Ab sofort steht eine digitale Zweitmeinung zur Verfügung, die den Patientinnen und Patienten eine leitliniengerechte Bewertung ihrer OP-Empfehlung ermöglicht. „Mit rund 230.000 Eingriffen jährlich gehört der Ersatz des natürlichen Kniegelenks zu den häufigsten Krankenhausleistungen in Deutschland“, erklärt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Unsere bisherigen Analysen zeigen jedoch, dass 85 Prozent dieser Operationen zum Zeitpunkt der Empfehlung nicht zwingend notwendig sind. Oftmals können gezielte Maßnahmen wie Muskelaufbau den Eingriff hinauszögern oder sogar vermeiden.“ Darüber hinaus betont Baas, dass künstliche Gelenke nur begrenzt haltbar seien und jeder operative Eingriff mit Risiken verbunden ist.

Nutzung der Zweitmeinung

Um die Hemmschwelle zur Nutzung der Zweitmeinung zu senken, hat die TK gemeinsam mit dem Start-up DocRobin eine innovative Lösung entwickelt. Ein virtueller Avatar in der Gestalt von Professor Wolfgang Böcker, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, begleitet die Nutzerinnen und Nutzer durch den digitalen Prozess. Der Avatar stellt gezielte Fragen zu Schmerzen, bisherigen Behandlungen und Bewegungseinschränkungen. Anschließend können die Patientinnen und Patienten ihre Röntgenbilder hochladen, die mithilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden. Innerhalb von zwei Werktagen erstellen Fachärztinnen und Fachärzte ein individuelles Gutachten, das entweder die Notwendigkeit der Operation bestätigt oder alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzeigt. Die Ergebnisse können bei Bedarf in einer Telefon- oder Videosprechstunde ausführlich besprochen werden.

Aktuellen wissenschaftliche Leitlinien

„Das Angebot gibt den Patientinnen und Patienten die Sicherheit, die sie für eine fundierte Entscheidung benötigen“, erklärt Professor Böcker. Der gesamte Prozess sei auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien entwickelt worden. „Die Fragen des Avatars entsprechen exakt den Kriterien, die auch Ärztinnen und Ärzte für eine OP-Empfehlung berücksichtigen sollten. Da die Zweitmeinung unabhängig von der weiteren Behandlung erfolgt, können wir eine objektive und qualitativ hochwertige Einschätzung garantieren.“
Dr. Baas hebt zudem die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen hervor, die zu einer hohen Anzahl unnötiger Operationen führen: „Leerstehende Krankenhausbetten und finanzielle Anreize, diese zu belegen, fördern Entscheidungen zugunsten einer OP, auch wenn Alternativen bestehen. Zweitmeinungsangebote wie DocRobin bieten den Versicherten die Möglichkeit, auf einfache und kostenfreie Weise zu überprüfen, ob ein Eingriff wirklich notwendig ist.“ Mit der neuen Online-Lösung will die TK einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung und Patientensicherheit leisten.

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