Studienarbeit
Fachbereich: PGS Personal, Gesundheit & Soziales
Studiengang: Physiotherapie
Modul: Physiotherapeutische Projekte
Vorgelegt von:
Matrikel-Nummer:
Studiengruppe: BA-PH-01-BAM-Dual
Abgabetermin: 29.05.2020 Erstprüfer: Prof. Dr. Michael Kunz
Inhaltsverzeichnis
2. Einteilung und Klassifikation. 4
3. Visualisierung und Bildgebung. 6
3.2 Magnetresonanztomographie. 7
4. Wundheilungsphasen und Belastung. 9
4.1 Die Entzündungsphase (Vaskuläre Phase) 10
4.2 Die Entzündungsphase (Zelluläre Phase) 10
4.3 Die Proliferationsphase. 11
4.3 Die Remodellierungsphase. 12
4.4 Einflussfaktoren auf die Wundheilung. 12
5. Therapien und Maßnahmen. 13
5.3 Die Prolieferationsphase. 15
5.4 Die Remodellierungsphase. 15
1. Einleitung
Es gibt diverse Muskelverletzungen, die von leichtem Muskelkater bis zu einem kompletten Muskelabriss reichen können. Muskelverletzungen machen 31% aller Sportverletzungen im Profisport aus. Im Durchschnitt muss eine europäische Fußballmannschaft bei einer Kadergröße von 25 Spielern 15 Muskelverletzungen pro Saison hinnehmen (Ekstrand J, 2011).
Prinzipiell unterscheidet man zwischen akut traumatischen Muskelverletzungen, die durch Makrotraumen (plötzliche Einwirkung großer Kräfte) und Überlastungsverletzungen, die durch Mikrotraumen (wiederholte Überlastungssyndrome) entstehen. Diese Überlastungssyndrome sind als „chronische Überschreitung der Belastungstoleranz der sportlich beanspruchten, funktionell-anatomischen Strukturen des Bewegungsapparates, seiner Steuerorgane (Hormon – Nervensystem) und gelegentlich sogar des Immunsystems definiert“ (Plesch, Sieven, & Trzolek, 2016).
2. Einteilung und Klassifikation
In folgendem Kapitel werden die Einteilung und die Klassifikation von Muskelverletzungen behandelt. In der Literatur gibt es zahlreiche und unterschiedliche Modelle. In dieser Arbeit wird das Modell von Müller-Wohlfahrt (2018), welches sich bisher bewährt hat, genauer vorgestellt. (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 166)
Obwohl Muskelverletzungen im Sport sehr häufig auftreten, werden sie dennoch oft falsch eingeschätzt. Es entstehen verschiedene Empfehlungen zu Dauer und Art der Behandlung. Deshalb wird das Stellen einer adäquaten Prognose schwierig. Diese Unklarheiten basieren oft auf Unwissenheit und Unsicherheit, welche im Zusammenhang mit unterschiedlicher Durchführung der Diagnostik, sowie mangelhaft festgelegter Terminologie und Klassifikation entstehen.
Folglich ist ein wichtiger Aspekt, für das Thema Muskelverletzungen eine einheitliche Klassifikation zu erstellen, um damit die therapeutischen und präventiven Massnahmen zu verbessern. Aus diesen Gründen wurden bei einer Konferenz in München in 2011 eine einheitliche Terminologie und eine neue Klassifikation erstellt. (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 160)
Abbildung 1: Schematische Darstellung der neuen Klassifikation von Muskelverletzungen (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 166)
Die erste Einteilungsstufe erfolgt in direkte und indirekte Muskelverletzungen, welche in Abbildung 1 als A und B gekennzeichnet werden. Bei den direkten Läsionen gibt es zwei Arten: die Kontusion oder die Lazeration. Indirekte Muskelverletzungen treten wesentlich mehr auf als direkte. Diese werden in verschiedene Typen eingeteilt. Typ 1 beschreibt überlastungsbedingte Muskelläsionen, Typ 2 neuromuskuläre Muskelläsionen. Beide Typen gehören zu den funktionellen Läsionen und werden jeweils erneut unterteilt in A und B. Eine überlastungsbedingte Muskelläsion kann somit eine ermüdungsbedingte, schmerzhafte Muskelverhärtung oder ein sogenannter „Muskelkater“ sein. Bei den neuromuskulären Läsionen kann eine rückenbedingte, neuromuskuläre Läsion oder eine sogenannte „Muskelzerrung“ dahinter stecken. Anschliessend geht es weiter mit den strukturellen Muskelverletzungen, welche als Typ 3 und 4 beschrieben werden. Zu Typ drei gehören der Muskelfaserriss und der Muskelbündelriss, welche als partielle Muskelrisse zusammengefasst werden. Typ 4 stellt die Gruppe der kompletten Muskelverletzungen dar. Dazu gehören der (sub-)totale Muskelriss und der sehnige Ausriss/Avulsion.
Die neue Klassifikation beruht auf einer ausführlichen Überarbeitung und dem Abgleich mit anderen Systemen zur Klassifikation. Zudem werden in dieser Klassifikation erstmals die äusserst wichtigen funktionellen Muskelläsionen erwähnt.
Die Bedeutung dieser Klassifikation wird ersichtlich, indem die zeitliche Abwesenheit von Fussballspielern mit unterschiedlichen Diagnosen von Muskelverletzungen verglichen wird. Die Trainingsunfähigkeit unterscheidet sich bei einem Muskelfaserriss und einem Muskelbündelriss sowie einem Muskelabriss deutlich. Weiter wird ein wesentlicher Unterschied der Regenerationszeit bei einem strukturellen und einem funktionellen Muskelriss sichtbar. (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 166 f)
Bei der Einteilung in verschiedene Grade spielt die Bildgebung eine bedeutende Rolle. Die Klassifikation soll möglichst genau sein, um eine therapeutische Konsequenz daraus zu ziehen. Die Einteilung dient vor allem dazu, eine adäquate Prognose für den sportlichen Wiedereinstieg aufzustellen. (Mauch, Drews, & Best, 2017, S. 76)
3. Visualisierung und Bildgebung
Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, spielen die bildgebenden Verfahren eine wichtige Rolle für die Einteilung von Muskelverletzungen. Die häufigsten Verfahren werden in diesem Kapitel genauer erläutert.
Nebst der Anamnese und der Untersuchung durch Inspektion und Palpation werden zur Diagnostik einer Muskelverletzung auch bildgebende Verfahren eingesetzt. Das Ziel der bildgebenden Verfahren in der Diagnosestellung ist es, eine möglichst genaue Darstellung des strukturellen Muskelschadens zu erhalten, um diesen in die Klassifikation einzuordnen. (Mauch, Drews, & Best, 2017, S. 76).
Die Bildgebung orientiert sich dabei vor allem an der Grösse und der Lokalisation des Hämatoms im Muskel. Eine Prellung als akute Verletzung zeigt ein oberflächliches Hämatom. Im Falle einer zusätzlichen Ruptur des Muskels, tritt diese direkt im Bereich der Verletzung auf. Bei zunehmender Kompression und somit steigendem Schweregrad der Muskelverletzung dringt das Hämatom teilweise bis zum Knochen vor. Die Muskelruptur befindet sich bei Zerrungen oft auch im Bereich des Muskel-Sehnenübergangs. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Kontinuität der Faszien. Durch die Unterscheidung zwischen intramuskulären und intermuskulären Hämatomen, wird ersichtlich ob die Muskelfaszie zusätzlich verletzt ist. (Kieb, Lorbach, & Engelhardt, 2010, S. 1100)
Zwei häufig verwendete bildgebende Verfahren sind die Sonographie und die Magnetresonanztomographie. Diese beiden Verfahren werden im Folgenden näher beschrieben.
3.1 Sonographie
Eine schnelle Möglichkeit, welche ohne grossen Aufwand durchgeführt werden kann ist die Sonographie. Diese kann früh eingesetzt werden, ermöglicht dynamische Untersuchungen und bietet eine gute Darstellung superfaszialer Strukturen. Als Nachteile der Sonographie werden vor allem die untersucherabhängigen Differenzen und die Unterscheidung von Differentialdiagnosen je nach Körperregion gesehen. (Mauch, Drews, & Best, 2017, S. 76)
Abbildung 2: Ultraschallaufnahme eines Muskelbündelrisses am M. biceps femoris (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 218)
a Querschnitt
b Längsschnitt
In der Abbildung wird klar, dass es Erfahrung braucht, um ein Ultraschallbild zu lesen. Zur genaueren Diagnostik ist es wichtig, die Verletzung von mehreren Seiten zu sehen, deshalb wurde hier ein Quer-und ein Längsschnitt gemacht.
3.2 Magnetresonanztomographie
In der Medizin wird die Magnetresonanztomographie für die Untersuchung von Hirn, Knochen, Gelenken und Weichteilen genutzt. Die Methode ist weit verbreitet, jedoch relativ kostspielig und bei Notfällen als Untersuchung nicht geeignet, weil dafür mehr Zeit investiert werden muss. (Schulthess, 2017, S. 47 ff)
Als Vorteile der Magnetresonanztomographie gelten die direkte und präzise Darstellung der Muskelverletzung mit einer hohen Sensitivität und die Überlegenheit zur Sonographie vor allem an Muskel-Sehnenübergängen und im Bereich der Leiste. (Kieb, Lorbach, & Engelhardt, 2010, S. 1102)
Abbildung 3: MRT-Aufnahme eines Muskelbündelrisses am M. biceps femoris (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, & Hänsel, 2018, S. 181)
a koronare Schnittführung
b axiale Schnittführung
In Abbildung 3 wird ersichtlich, dass es im Vergleich zur Sonographie bei der Magnetresonanztomographie eine klarere Abgrenzung der einzelnen Strukturen gibt. Dies bestätigt die Aussage, dass es sich bei der Magnetresonanztomographie, um eine präzise Bildgebung handelt. Auch hier sind für eine genaue Diagnose verschiedene Darstellungen der Verletzung hilfreich.
4. Wundheilungsphasen und Belastung
Erleidet ein Mensch eine Verletzung, muss das geschädigte Gewebe vom Körper wieder geheilt werden. Diese Heilung verläuft in verschiedenen Phasen ab. Den sogenannten Wundheilungsphasen. Es spielt dabei keine Rolle um welche Gewebeart es sich im Körper handelt (nicht zu verwechseln mit dem Heilungsprozess). Unterteilt werden sie in drei respektive vier Phasen:
- Entzündungsphase
- Vaskuläre Phase 0. – 2. Tag
- Zelluläre Phase 2. – 5. Tag
- Proliferationsphase 5 – 21. Tag
- (Konsolidierungsphase) bis zum 60. Tag. (Dr. Maibaum, Dr. Braun, Jagomast, & Kucera, 2001)
- Remodellierungsphase ab 21. Tag bis 360. Tag
Die Dauer der Phasen variiert nur leicht, i aber in verschiedenen Literaturen sehr kongruent. Die Zeitangaben sind auch nicht klar abzugrenzen, sie verlaufen fliessend. Die Entzündungsphase kann 1-5 Tage dauern, kann aber auch länger dauern hat sich der Patient nicht auch entsprechend geschont. Die Prolieferationsphase kann beispielsweise auch bereits in der Entzündungsphase beginnen. Somit sind diese Zeitangaben nur ein ungefährer Richtwert, an dem sich mit zusammen mit anderen Parametern an die adäquate Behandlung herangetastet werden kann. (Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 168) (Dr. Maibaum, Dr. Braun, Jagomast, & Kucera, 2001, S. 3) (Kenyon & Kenyon, 2009, S. 211)
Selten wird dabei aber unterschieden, um welches Gewebe es sich handelt. Eine Quelle beschreibt unterschiedliche Zeitangaben für verschiedene Gewebe. Interessant für unsere Aufgabenstellung sind die Zeitangaben für den Muskel die nach (Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 168) beschrieben werden. Aber auch hier lässt sich keine Evidenz bezüglich der Genesungszeit bei verschiedenen Schweregraden finden. Wie sich die Wundheilungszeit bei Teilriss oder kleinen Faserrissen verhält ist unklar.
- Entzündungsphase 0-4 Tag
- Proliferationsphase 1.-21. Tag
- Remodellierungsphase ab 21. Tag.
4.1 Die Entzündungsphase (Vaskuläre Phase)
Es kommt zur Bildung eines Hämatoms. In den ersten 48 Stunden strömen Makrophagen und Leukozyten in das Verletzungsgebiet ein. Die Makrophagen aktivieren die Fibroblasten, welche sich teilen und zu Myofibroblasten differenzieren. Die Kollagensynthese beginnt und es wird Kollagen Typ III (retikuläre Fasern) gebildet. Dieses Kollagen Typ III ist eine wichtige Vorstufe für den Kollagentyp I, welcher massgebend für die Strukturbildung und mechanische Festigkeit ist. Kollagen Typ III ist hauptsächlich für die bindegewebige Umschliessung der Wunde zuständig. (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999, S. 28-40)
4.2 Die Entzündungsphase (Zelluläre Phase)
Hier dominiert die Neubildung von Fibroblasten bzw. Myofibroblasten. Über die Myofibroblasten kommt es zur vermehrten Bildung von Kollagen Typ III. Die Myofibroblasten und die retikulären Fasern bilden ein Übergangsgewebe. Da in dieser Phase aber noch kaum Proteoglykane und Glykosaminoglykane synthetisiert werden, ist das neue Gewebe kaum belastbar. Das geschädigte Gewebe wird wieder neu aufgebaut. Daher sollte in dieser Phase das Wundgebiet im schmerzfreien Bereich bewegt, aber nicht belastet werden, damit sich die Kollagenstrukturen wieder korrekt restrukturieren können. (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999) (Dueweke, Awan, & Mendias, Pubmed, 2017, S. 3-4). Eine komplette Immobilisation würde das Gegenteil bewirken. (Abb 1.)
Die Aktivierung der Mechanozeptoren wirken schmerzlindernd und die Bewegung fördert die Durchblutung im Gewebe, welche den Heilungsprozess fördert. Ebenso darf in der Entzündungsphase die Ruhe nicht vergessen werden. Sie sollte in den ersten Tagen im Vordergrund stehen. (Ploke, 2003, S. 2)
Hier eine kritische Begutachtung zum Thema Kühlen mit Eis. Eine andauernde Vasokonstriktion führt zu einem verminderten Blutfluss und somit zu einer gestörten Wundheilung. (Ploke, 2003, S. 1-2) (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999, S. 28-40) Ebenso ist der Einsatz von entzündungshemmenden Medikamenten, welche die Prostaglandinsynthese hemmen und die Schmerzen unterdrücken nicht sinnvoll, da wieder die natürliche Reaktion des Körpers gehemmt wird und der Patient die Schmerzen nicht korrekt einschätzen können. Möglicherweise führt dies dann zu einem erneuten Trauma aufgrund inadäquater Belastung.
Rehabilitatives Vortraining nach würde sich in dieser Phase eignen. (Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 324)
Passend dazu liefern Kenyon & Kenyon wichtige Eckdaten, die das rehabilitative Vortraining unterstützen:
Abnahme des physiologischen Querschnitts durch Abnahme des Faserdurchmessers (nach drei Tagen um 14% – 17% verringert) (Kenyon & Kenyon, 2009, S. 210) Somit kann bereits in den ersten Tagen von einer Atrophie ausgegangen werden. Dieser Atrophie soll entgegengewirkt werden durch rehabilitatives Vortraining. Folgende Trainingsparameter werden vorgeschlagen:
- Sehr geringe Intensitäten (unter 40 % maximalen Krafteinsatzes)
- Wiederholungen bis zu etwa einer Minute
- Zwei bis vier Serien
(Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 324)
4.3 Die Proliferationsphase
In der Proliferationsphase werden die Entzündungszellen langsam abgebaut. Hauptmerkmal dieser Phase ist die Bildung von neuem Kollagengewebe über erhöhte Fibroblastenaktivität. (Kenyon & Kenyon, 2009, S. 2011) (Ploke, 2003, S. 3) Um eine korrekte Anordnung der Kollagenfasern zu fördern sind physiologische Belastungsreize wichtig. (Ploke, 2003, S. 4)
Gleichzeitig mit der Heilung des Bindegewebes beginnt die Regeneration des Muskelgewebes. Satellitenzellen bewegen sich aus der Basalmembran in Richtung geschädigtes Muskelgewebe. Diese wandeln sich dort in Myoblasten um und sind in der Lage, alle Komponenten, die für die Reparatur wichtig sind, zu synthetisieren.
Auch dieses Gewebe benötigt funktionelle Reize, für seine Wiederherstellung. Um eine reine Bindegewebseinlagerung zu verhindern sollte also mehr belastet werden. (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999)
Die Produktion der Grundsubstanz ist immer noch gering. Das Gewebe ist deshalb wenig elastisch und belastbar. (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999, S. 28-40) (Dueweke, Awan, & Mendias, Pubmed, 2017, S. 3-4)
In der Proliferationsphase macht es also Sinn langsam die Belastung zu steigern und die intermuskuläre Koordination zu fördern.
Empfohlene Belastungssteigerung bei therapeutischem Training:
- ca. 40–60 % Maximalkrafteinsatz
- 15–30 und mehr Wiederholungen
- 3–6 Serien
- 4-7 Einheiten pro Woche
(Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 327)
Aktive Mobilisation der beteiligten Muskulatur und sensomotorisches Training eignen sich in dieser Phase besonders.
4.3 Die Remodellierungsphase
Fibroblasten beginnen nun zunehmend Grundsubstanz zu synthetisieren. Kollagen Typ III wird umgebaut in Kollagen Typ I. Dadurch wird das Gewebe elastischer und belastbarer (Van den Berg, Das Bindegewebe des Bewegungsapparats verstehen und beeinflussen, 1999, S. 28-40). Die Myoblasten fusionieren zu mehrkernigen Fasern, den Myotuben, welche sich mit den verbleibenden Myofibrillen der jeweiligen Enden verbinden. (Järvinen, Järvinen, & Kalimo, 2014, S. 4-5)
Aufgrund der zunehmenden Elastizität und Stabilität macht es nun Sinn mit dem medizinisch indizierten Training weiter zu machen. Dieses beinhaltet folgende Trainingsparameter:
- 60-80% Maximalkrafteinsatz
- 10-15 Wiederholungen in 3-5 Serien
- 2-3 Einheiten pro Woche.
Abbildung 5 (Järvinen, Järvinen, & Kalimo, 2014) |
(Dr. Kunz & Karanikas, 2016, S. 330)
4.4 Einflussfaktoren
auf die Wundheilung
Im Kontext der Wundheilungsphasen sollte noch in Kürze auf lokalen Wundheilungsfaktoren
eingegangen werden. Dazu gehören Sauerstoff und Infektionen. Beide Faktoren
können die Dauer der einzelnen beschriebenen Phasen beeinflussen
5. Therapien und Maßnahmen
Die durch Muskelverletzungen verursachten Ausfalltage in europäischen professionellen Fussballmannschaften belaufen sich durchschnittlich auf über 300 Tage. An diesen Tagen können die Sportler nicht trainieren. Die Forderungen nach beschleunigter Heilung und einer schnellen Rückkehr in den Sport sind von Seiten der Sportler sowie der Vereinsführung extrem. Daher ist es essenziell die Ausfallzeit auf ein Minimum zu reduzieren
Die Länge der Ausfallzeit variiert deutlich. Sie ist abhängig von dem Schweregrad der Muskelverletzung, der post traumatischen Erstversorgung, den darauffolgenden Maßnahmen und der Rehabilitation, sowie dem return-to-play Zeitpunkt. Die optimale, individuelle Anwendung der genannten Faktoren kann die Ausfallzeit deutlich minimieren
akut post traumatisch | Entzündungs phase | Prolieferationsphase | Remodulierungs phase | |
Ziel | Schwellung, Einblutung möglichst gering halten | Entzündungshemmung Schmerzhemmung Kontrolle der Psyche Erhalt der Kraftausdauer | Schmerzhemmung Entstauung Mobilitätserhalt Hypertrophietraining | Return-to-sport Intra – und Intermuskuläre Koordination |
Maßnahmen | 10-20 min Eis und Kompressions-verband Infiltration UAGST NSAR PECH-Prinzip | Mobilisation nach Belastungsschema NSAR Kokontraktions- und Innervationstraining Kräftigung benachbarter Muskeln Fahrrad Ergometer Autogenes Training Meditation Soziale Kontakte pflegen Tapeverband Kryotherapie Ultraschall Elektrotherapie | Manuelle Lymphdrainage Aqua-jogging Kräftigung betroffene Muskeln Koordinationstraining Fahrrad Ergometer Kryotherapie Ultraschall Elektrotherapie | Training von komplexen, individuellen, Bewegungsabläufe Sportartspezifisches Training |
wichtig | Kein Alkohol, Nikotin | Schmerz-Überwachung | Return-to-sport-Test |
Quellen: (Kunz & Karanikas, 2016), (Enneper & Ueblacker, 2016), (Kieb, Lorbach, & Engelhardt, 2010), (Müller-Wohlfahrt H.-W. , Ueblacker, Binder, & Hänsel, 2014)
5.1 Die Erstversorgung
Die posttraumatische Erstversorgung hat das Ziel die Schwellung und gegebenenfalls eine Einblutung möglichst gering zu halten. Dies wird mit einer 10 – 20-minütigen Eisbehandlung und anschließendem Kompressionsverband mit Hochlagerung der betroffenen Extremität erreicht. Durch die Eis – und Kompressionsanlage entsteht eine Vasokonstriktion im betroffenen Bereich. Blutgefäße stellen den Widerstand für den Blutfluss dar. Bei einer Verengung dieser Gefäße muss das Blut einen größeren Widerstand überwinden und somit wird die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes verringert. Die Hochlagerung der Extremität verringert die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes zusätzlich und erschwert die Versorgung des betroffenen Gebietes (Kieb, Lorbach, & Engelhardt, 2010).
5.2 Die Entzündungsphase
In der Entzündungsphase ist es wichtig, die Entzündung sowie mögliche Schmerzen zu hemmen. Dies wird mit einer NSAR (Nichtsteroidales Antirheumatikum) Therapie gewährleistet. Die für eine Entzündungsreaktion benötigten Signalmoleküle Prostaglandin und Thromboxan werden bei der Synthetisierung gehemmt und nicht mehr gebildet. Daraufhin gehen die Schmerzen und Entzündungszeichen zurück (Kieb, Lorbach, & Engelhardt, 2010).
Des Weiteren ist der Erhalt der Kraftausdauer ein wichtiges Ziel in dieser Phase. Durch beginnende aktive Mobilisation nach Belastungsschema ist der Bewegungserhalt gesichert. Steigernd kann dann mit dem Fahrrad Ergometer, Kokontraktions- und Innervationstraining und der Kräftigung der nicht betroffenen benachbarten Muskulatur ein individuelles, aktives Trainingsprogramm erstellt werden.
In diesem Zeitraum sind passive Maßnahmen wie Kryotherapie, Ultraschall und Elektrotherapie sinnvoll, um die Durchblutung im betroffenen Bereich zu verbessern und somit die entzündlichen Abbauprozesse zu beschleunigen (Müller-Wohlfahrt H.-W. , Ueblacker, Binder, & Hänsel, 2014).
Die Kontrolle der Psyche spielt nach einer traumatischen Verletzung eine große Rolle. Durch Meditation, pflegen der sozialen Kontakte und Zeit mit der Familie kann ein psychischer Tiefschlag vermieden werden. Des Weiteren sorgt eine positive, kontrollierte Psyche dazu, dass der Athlet während der gesamten Rehabilitation den Fokus nicht aus den Augen verliert sowie nach abgeschlossener Rehabilitation wieder vollständig belastbar ist.
In der Entzündungsphase ist es wichtig auf Nikotin und Alkohol zu verzichten, da sie einen negativen Einfluss auf entzündliche Abbauprozesse, wie auch auf die optimale Durchblutung haben. Des Weiteren wurden bei Rauchern eine abgeschwächte Leukozytenmigration in der Entzündungsphase nachgewiesen, was zu einer verminderten Anzahl an Monozyten im Wundgebiet führt. Dadurch verlängert sie die Entzündungsphase deutlich (Bula & Bonnaire, 2011).
5.3 Die Prolieferationsphase
In der Prolieferationsphase stehen neben den bereits bekannten Zielen Schmerzhemmung und Mobilitätserhalt vor allem Hypertrophietraining und Entstauung im Vordergrund.
Das Hypertrophietraining führt den betroffenen Muskel auf sein prä traumatisches Ausgangsniveau zurück. Das Training ist individuell an Vorlieben, Niveau und Sportart des Athleten anzupassen. Bei der Kräftigung der betroffenen Muskulatur ist die Schmerzüberwachung ein entscheidender Faktor. Minimale Schmerzen (0-3 / 10) sind während der Belastung erlaubt, müssen nach 24 Stunden aber wieder dem Ausgangsniveau entsprechen (Altius, 2019).
Durch manuelle Lymphdrainage wird das Lymphsystem und somit der Abtransport der Schwellung und Substanzen, die nicht über das Blut abtransportiert werden können, angeregt.
Ebenso stehen hier die bereits bekannten passiven Maßnahmen Kryotherapie, Ultraschall und Elektrotherapie sinnvoll (Müller-Wohlfahrt H.-W. , Ueblacker, Binder, & Hänsel, 2014).
5.4 Die Remodellierungsphase
In der Remodellierungsphase wird die Intra- und Intermuskuläre Koordination trainiert. Hierbei sind komplexe Bewegungsabläufe essenziell. Sie werden individuell an die Sportart des Athleten angepasst, um mögliche Wettkampfsituationen nachzustellen und zu simulieren.
Die return-to-play Entscheidung zum Ende der Rehabilitation hat eine enorme Wichtigkeit. 16% aller Muskelverletzungen resultieren aus Re-Verletzungen (Ekstrand J, 2011).
Diese Entscheidung beschreibt einen Prozess der Entscheidungsfindung, der in 3 Schritte unterteilt ist:
1. Individuelle Risiko Beurteilung: Hier werden medizinische Faktoren wie Alter, Verletzungsgeschichte und physische Verfassung beurteilt.
2. Aktivitäten Risiko Beurteilung: Hier werden sportliche Faktoren wie die Rolle im Team, individueller Spielstil und das psychologische Bereitschaftsgefühl beurteilt.
3. Toleranz Risiko Beurteilung: Hier werden sich ändernde Faktoren wie Saisonzeitpunkt, persönlicher und von außen kommendem Druck beurteilt.
Anhand dieser Faktoren wird bestimmt wann der optimale return-to-play Zeitpunkt ist (Corsini, Volpi, & Bisciotti, 2019).
Quelle: (Corsini, Volpi, & Bisciotti, 2019)
Literaturverzeichnis
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Corsini, A., Volpi, P., & Bisciotti, G. N. (15. Oktober 2019). Italian consensus statement on return to play after lower limb muscle injury in football. Von https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6797382/ abgerufen
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